
Nordsee, Robbe, Feuerstein…
Es rauscht über mir, laute Tropfen treffen meine Tarp. Überall Geräusche, es knackt ringsherum, irgendwo im Hintergrund Musik. Augen auf, ok alles in Ordnung. Augen wieder zu. Knack, das nächste Geräusch. Augen auf, immer noch alles ok. Trotz der Dunkelheit kann ich erstaunlich gut sehen. Allerdings fällt mir das Zuordnen der Geräusche schwer. Der Wind sorgt dafür, dass sich alles noch viel bedrohlicher anfühlt und sich dicke Tropfen lautstark auf mein Tarp niederlassen…Dann fängt es richtig an zu regnen. Na hoffentlich hält das Tarp was es verspricht. Ich greife zu der Stelle wo die Kapuze im Tarp sitzt. Alles trocken. Ok, probieren wir das nochmal mit dem Schlafen…
Wieder wach…die ersten Vögel lassen ihr Laute erklingen. Gleich kommt also die Sonne. Das ist der wundervollste Moment am Morgen in der Natur. Alles ist still, nur die Vögel haben jetzt das Wort. Ich bin müde aber es zieht mich aus dem Schlafsack. Ich will ans Wasser, den Sonnenaufgang sehen und die Energie des Morgens einfangen.
Bis zum Strand sind es nur ein paar Meter über Waldboden…ich folge meinem Gefühl und laufe Barfuß. Weiche, kühle Erde berührt meine Sohlen. Es fühlt sich genau richtig an. Dann der kühle, ja fast kalte Sand und zum Schluss das Wasser. Angenehm kalt lässt es meine Sinne erwachen. Die Sonne bahnt sich ihren Weg nach oben gleichzeitig beginnt ein Rauschen neben mir, das ist bestimmt das Schilf. Aber jetzt über mir? Ich schau nach oben. Ein riesiger Schwarm Vögel fliegt ganz tief über meinen Kopf. Wie ferngesteuert fliegen sie eine perfekt aufeinander abgestimmte Choreografie. Ich bekomm Gänsehaut. Sie sind quasi zum Greifen nah und dabei so laut. Nach einer Runde verschwinden sie wieder hinter dem Schilf. WOW, was für ein Morgen…
Während Dennis aufsteht, pack ich meine Sachen zusammen und wir starten Richtung Dänemark. Frühstücken wollen wir unterwegs. Römö ist das Ziel. Da war ich schon mal und fand es traumhaft. Nordsee klingt super, das hätte ich zu Fuß nicht ganz so schnell geschafft.
Zum Frühstück gibt es dänische HotDogs, saulecker, wenn mich auch wieder das schlechte Gewissen kneift.
In Römö am Strand ist heute Drachenfestival. Sieht imposant aus, wir drehen ein paar Runden mit dem Landrover am Strand aber uns ist einfach zu viel los. Wir fahren einen anderen Strand an. Kurzer Spaziergang am Wasser, dann Mittagsschlaf im Auto mit Blick auf das Meer, wenn auch bissen entfernt.
Ich kann nicht schlafen. Ich höre die Wellen und spüre einfach nur den Drang dahin zu gehen. Dennis schläft weiter. Ich geh zum Strand.
Ein, zwei Spaziergänger am Horizont ansonsten ist es hier menschenleer. Das gefällt mir. Ich lausche den Wellen, beobachte wie sie brechen, wie sie schäumen, wie die Wassermassen zu meinen Füßen drängen. Ein tiefer Atemzug, der Geruch des Meeres durchströmt meine Nase, die salzige, frische Luft füllt meine Lungen. Wie befreiend. Ich genieße jede Sekunde, bin dankbar für diesen Moment und merke wie mein innerer Akku geladen wird.
Ich laufe noch etwas herum, sehe dabei auf einmal eine kleine Robbe. Völlig geflasht, beobachte ich wie sie sich auf der noch übrigen Sandbank rekelt. Sie schaut zu mir. Ich habe das Gefühl, sie beobachtet mich genauso wie ich sie. Sie scheint keine Scheu zu haben. Nach einer Weile kommt es mir aber komisch vor sie hier so allein vorzufinden. Ich telefoniere kurz mit meiner lieben Caro und bitte sie um Rat. Sie hat doch bestimmt ne gute Idee. Sie schickt mir die Nummer von der Meerestierrettung Dänemarks. Ein kurzes Telefonat ergibt, dass ich mir keine Sorgen machen brauch. Die Frage ob sie Blut am Maul hat bleibt mir aber im Kopf. Mhm, da ist eine Verfärbung am Kopf aber ich kann es nicht genau sehen. Näher ran? Ich will sie ja auch nicht verschrecken. Dennis hat aber sicher nen Fernglas. Also zurück zum Auto, Dennis geweckt, Fernglas gefunden. Schuhe aus, durchs Wasser vorsichtig der Robbe nähern. Sie beobachtet mich interessiert, macht aber keine Anstalten zu gehen. Ich schaue durch Fernglas. Ja das Fell hat da eine andere Farbe aber es ist kein Blut. Sie scheint sich nur auszuruhen. Wunderschönes Tier. Die großen runden Knopfaugen sehen so liebevoll aus. Man würde am liebsten hingehen und sie knuddeln.
Ein kurzer Blick zum Auto, Dennis ist aufgestanden. Dann mal zurück, der Sand zwischen Auto und Wasser ist ein Muschelmeer. Ich widerstehe der Versuchung alle mitzunehmen und kehre glücklich zum Auto zurück.
Die Schlafplatzsuche beginnt. Wir entscheiden uns für einen Campingplatz. Dennis kennt den schon, da hat man schöne Ecken abgelegen für sich und kann Feuer machen. Das liegt heute in meiner Zuständigkeit. Ich möchte nämlich meinen Feuerstein testen. So richtig Survival und so…
Ich suche Feuerholz. Große Stücken, kleine Stücken und irgendwas richtig trockenes damit wir das Ding auch anbekommen. Die ersten beiden Versuche laufen ins Leere. Der dritte klappt dann, Dennis macht ganz viele Bilder. Ich bin stolz wie bolle. Sowas hab ich noch nie gemacht. Krass. Die Großrinde meldet auch so gleich „Bear Grills, du kannst mal schön einpacken, jetzt komm ich“ 😀
Dennis kocht das Essen, ich halte das Feuer am Laufen und suche weiter Holz, wollen ja bisschen sitzen heute.
Es gibt Bratkartoffeln mit Ei. Wird ein bisschen kross, da unser Instagramer mal kurz die Zeit vergisst, aber lecker ist es trotzdem. Wir sitzen noch lange am Feuer. Unterhalten uns übers Reisen und schlürfen dabei leckeren Tee. Ich fühl mich wohl. Mit einer Wärmflasche bewaffnet geht es in den Schlafsack. Ganz motiviert, lasse ich die lange Unterhose weg…
Mitten in der Nacht wird mir bewusst, dass das nicht meine beste Idee war heute. Also Hose an, nochmal kurz ein paar Kniebeuge und Hampelmänner um wieder Wärme in den Körper zu bekommen, ein Blick in den zauberhaften Sternenhimmel und zurück in den Schlafsack.
Jetzt sollte es gehen…












6 Kommentare
Julia
Liebe Anja! Vielen Dank für deine tollen Berichte. Da hat man fast das Gefühl dabei gewesen zu sein!
Die Robbe war ja zuckersüß!
Liebe Grüße aus Neustadt
unterwegsmitanja
Liebe Julia,
vielen Dank für deine lieben Worte. Ich freu mich, dass dir meine Berichte gefallen.
Liebe Grüße aus dem grauen Hamburg 🙂
Luis Mendes
Es ist inspirierend, wie Sie Ihre Reise schreiben. Mit der Natur allein sein und uns dazu inspirieren, darüber zu meditieren, wer wir wirklich sind. Nur das Geräusch des Windes, der Vögel erreicht die Ohren. Sie beschreiben diese Momente auf sehr persönliche Weise mit Gefühl. Es ist fast nostalgisch. Sehr schön Anja
Ps. Hot-dogs?? Bitte!!!
unterwegsmitanja
Lieber Luis,
vielen Dank. Ich freu mich sehr über dieses Feedback. So schreib ich gern weiter.
Ines Schneider Mendes
Wow, meine liebe Anja, du hast wieder sehr eindrucksvoll deine Erlebnisse und Eindrücke geschildert, bin beeindruckt, wie gut du das machst,man liest das und wäre gerne auch da
unterwegsmitanja
Dankeeeee meine liebe Mutti :-*