
Nochmal Bouldern und dann allein ins Nachtlager
Die Nacht war kalt…zu kalt. Ich hatte eine Wärmflasche aber die hat es irgendwie nicht gebracht. Ohne das Tarp zieht es ziemlich. Der Schelter ist nicht wirklich winddicht und steht mit der offenen Seite genau in Windrichtung. Selbst der Biwacksack über dem Schlafsack bringt nicht viel mehr…
Gerädert von der Nacht und mit einfach irgendwie schlechter Laune steh ich auf. Dennis ist schon am räumen. Ich bin genervt. Hätte lieber noch ein entspanntes Frühstück gehabt als direkt wieder aufzubrechen. Beim Aufstehen hau ich mir noch den Kopf am Holz ein. Dennis macht dabei Fotos. Ich setze mein „Ich wünschte ich könnte dich damit töten“- Blick auf. Er unterlässt weitere Bilder. Wir fahren rum und suchen Frühstück. Ich hab keine Lust wieder so viel Geld beim Bäcker zu lassen und will unbedingt herzhaft frühstücken…also halten wir auf einem kleinen Rastplatz und ich bekomm die Gelegenheit meinen Spirituskocher auszuprobieren. Wir sind beide überrascht wie gut der doch funktioniert. Dennis redet mir rein beim Essen kochen. Ich koche anders als ich es mir im Kopf ausgemalt hatte. Das Essen schmeckt so la la…
Wir fahren noch bisschen durch die Gegend, Richtung Flensburg soll es gehen. Wir wollen nochmal Bouldern. Noch ein letzter HotDog und wir sind wieder in Deutschland.
Bouldern läuft ganz gut. Ich bin immernoch irgendwie schlecht drauf und Dennis fordert mich. Ich schaffe einiges was ich beim letzten Mal nicht geschafft hab. Meine Hände reißen auf. Ich mach weiter, bis ich nichts mehr greifen mag.
Dennis bringt mich noch in die Nähe des heutigen Schlafplatzes. Abschied. Ich bin heute bisschen down und es fällt mir schwer Tschüss zu sagen. Bisschen nervös bin ich ja jetzt schon heute allein zu bleiben.
Der Weg führt über Gallowayrinder Weiden. Die Tiere sind echt schön aber sehen auch bisschen bedrohlich aus. Eine kleine Wiese tut sich auf mit dem Schild „Schlafplatz Wildes Schleswig Holstein“. Ok hier kann ich schlafen. Ich finde die Lage nicht ideal aber naja. Tarp aufgebaut, irgendwie spannt sich das heute nicht richtig. Ich mach mir eine Brühe mit Bulgur. Ist ok. Ich bin schon ziemlich müde und mir ist recht frisch. Und genauso wird auch die Nacht. Zwischen Tiefschlaf und hellwach ist alles dabei. Mein Tarp ist von allen Seiten nass. Innen Tau, außen Regen. Die Sterne lassen sich vereinzelt sehen. Die Geräusche im Unterholz sind laut, lassen mich ab und an hochschrecken aber grundsätzlich fühl ich mich recht sicher. Eigentlich ein guter Schlafplatz, wenn die Kälte nicht wäre…
Ich wache kurz vor Sonnenaufgang auf. Mir ist immernoch kalt und es ist einfach alles nass. Irgendwie passt das noch nicht richtig mit der Höhe des Tarps, sonst wäre jetzt nicht mein Schlafsack auch völlig nass.
Ich konzentriere mich auf meine Müdigkeit und schlafe nochmal locker bis 9Uhr. Ausgeschlafen aber nicht wirklich erholt packe ich mein Zeug zusammen. Ich begutachte meine Ausrüstung und bin absolut nicht zufrieden damit. Viel zu schwer, die falschen Sachen und irgendwie nicht richtig. Soll ich so weitermachen? Ich wollte eigentlich heute nach Dänemark wandern und dort noch knapp zwei Wochen so durch die Natur ziehen…Aber mit dem was ich jetzt mit hab? Ich checke den Wetterbericht der kommenden Tage…Regen, Regen, Regen und Moment hätte es fast vergessen zu erwähnen…nochmal Regen… Ich glaube so hat das erstmal keinen Sinn mehr. Ich beschließe nach Hause zu fahren, mich zu sammeln und nochmal zu starten. Ich weiß jetzt was ich brauche und vor allem, was ich nicht brauche. Das wird mir helfen.
Auf dem Weg nach Flensburg zum Bahnhof verabschiedet sich nochmal die Natur von mir und belohnt meinen Ausflug mit einem traumhaften Blick auf einen riesigen wunderschönen Hirsch. Ich würde behaupten ein Zwölfender. Einfach unglaublich. So einen habe ich noch nie in freier Wildbahn gesehen. Stolz steht er auf dem Feld wie eine Statue und lässt mir genügend Zeit ihn zu betrachten. Leider reicht meine GoPro nicht für ein gutes Bild, sodass mir nichts anderes übrig bleibt als den Anblick einfach zu genießen…
Im Zug nach Hause denke ich viel nach. Auch wenn die letzten Nächte kalt und nass waren und der Schlaf vielleicht nicht immer der erholsamste war, fühle ich mich doch wie einmal generalüberholt. Die kurze Zeit in der Natur, in der man auf seine Grundbedürfnisse zurückfällt, erdet mich immer wieder, egal ob eine Nacht oder mehrere. Wenn man nachts aufweckt weil es einfach viel zu kalt ist oder man ein bisschen Schiss bekommt aufgrund der undeutbaren Geräusche, spürt man wie ausgeliefert und klein man eigentlich als bloßer Mensch in der Natur ist. Heizung an und Fenster zu? Vergiss es. Komm klar in der Situation und spüre wie schutzlos du ihr ausgeliefert bist. Aber genau das macht es aus. Und genau das ist es was mich immer wieder raustreibt und natürlich die unfassbar schönen Sterne und Sonnenaufgänge…





